Hans Jakobs Beobachtungen als Fremder

Hans Jakob nannte mich der intellektuelle Pastor, den die Fügung des Bischofs in unser Dorf verschlagen hatte und der mir als "Dreikäsehoch" faszinierende Dinge über die Welt erzählte.  Aus Lüsche im Oldenburger Land fortgegangen, bin ich viel in der Welt herumgekommen, habe in allen Kontinenten gelebt, außer Ozeanien.  Ich habe überall den Menschen "erkannt" und bin vielen freundschaftlich, kollegial oder einfach mitmenschlich nahe gekommen. Wie die meisten Menschen auf Reisen es tun, habe ich versucht die Menschen und die Gesellschaften zu verstehen, indem ich mir einen Reim darauf gemacht habe, was ich beobachtet, erfahren und gelesen habe. Notizen  dazu aus der Pesrpektive des  noch immer faszinierten Hans Jakob  will ich auf dieser Seite wiedergeben. Vorausschicken will ich die allgemeine Antwort, die ich gebe, wenn mich jemand fragt, wie dieses oder jenes Land "ist". Ich habe mir dazu ein Antwortkonzept zu Recht gelegt daraus, ob ich erwartet habe, dass es "dort"  anders oder ähnlich zugeht wie "bei uns", und ob meine Erfahrungen diese Erwartungen bestätigt haben oder nicht. Um es kurz zu sagen:

 

 In Burundi, Afrika,  hatte ich erwartet, dass es ganz anders sei, und es war sehr anders!

 In Ekuador und Latein Amerika überhaupt, hatte ich erwartet, dass es eher vertraut sei -  schließlich bin ich katholisch erzogen, aber es war ganz anders.

 In China hatte ich eine ganz andere Welt erwartet, und vieles war vertraut.

 In den Vereinigten Staaten wiederum habe ich immer wieder feststellen müssen, dass manches ganz anders ist als ich erwartet hatte.

 

Es sind subjektive Einschätzungen, die ich auf dieser Seite hauptsächlich für mich selbst festhalte, ohne einen sozialwissenschaftlichen Anspruch.

 

Germany: An insider's views from outside

 25 Jahre Aussenansicht und 33 Jahre mit einer Italienerin bringen es mit sich, sich, sein Heimatland und seine Landsleute wie ein Aussenstehender zu beobachten und Eigenheiten zu finden.

 

„Typisch deutsch“ ,  Anekdoten  zu erzählt von „Ausländern“:

1.       „Eines Tages fand ich meinen deutschen Partner in seinem Büro auf dem Boden kniend. Er sagte, dass er ein Schräubchen verloren habe. Ich sah, dass er mit Kreide Quadrate über den ganzen Fußboden gezeichnet hatte und dabei war systematisch das Zimmer abzusuchen…“

2.       „Weit nach Mitternacht ging ich mit einem Landsmann durch eine Stadt in Deutschland zur Unterkunft. Wir kamen an eine Fußgängerampel, die rot zeigte.  Weit und breit kein Autoverkehr.  Wir überquerten die Straße.  Zwei andere Fußgänger blieben stehen. Ich hörte gerade noch einen sagen: „Ausländer!“…“

 

 

Zwei deutsche Bücher (Revidiert Oktober 2014)

 

Zwei deutschsprachige Bücher haben mich in den letzten Jahren tief beeindruckt und lange meine Gedanken beschäftigt, „Der Turm“  von Uwe Telkamp und „Herkunft“ von Oskar Roehler. Beide spielen in der Zeit, die ich selbst erlebt habe. Beide handeln von Familien und ein Kind oder Heranwachsender steht im Mittelpunkt.  

 Telkamp und Roehler verwenden persönliche und familiäre Erfahrungen.  Roehler erzählt die Geschichte seiner Großeltern, Eltern und die eigene, während Telkamp offenbar persönlichen Erfahrungen für fiktive Figuren nutzt. 

 Telkamp begleitet hauptsächlich eine Familie, die mit anderen sich Wohnungen in Dresdner Villen teilt,   und darin ein paar Kernpersonen in kritischen Lebensphasen sowie eine große Zahl von Personen und Persönlichkeiten des politisch beeinflussten Alltags in der DDR.  Eine empfundene etwas vexierte Darstellung (mit der Seele gesucht).  Er stellt selbst den Stadtplan von Dresden um.

 Da ich selbst die DDR nicht von Innen erlebt habe, bleibt mir eine persönliche Distanz.

 Telkamps Roman ist eine literarische Glanzleistung.   Während ich den „Turm“  über viele Monate bei Aufenthalten in  Europa las, habe ich mich in der gleichen Zeit in USA durch  „Infinite Jest“ von W.F. Wallace gequält, auch über eine Familie. Offensichtlich bewegt sich Telkamp  nicht so nah an die Grenze zum Wahnsinn wie Wallace. Ich wage es, die beiden Werke  literarisch in die gleiche Kategorie zu stellen. Gleiches gilt für Telkamp und Franzens „Corrections“ . Ich finde den „Turm“ besser als „Freedom“  von Franzen)

 

Bei Roehler ist es andersherum. Roehlers Buch hat nicht die gleiche literarische Qualität,  ist sprachlich und kompositorisch nicht durchweg auf einem gleichen Niveau. trifft mich aber persönlich weit mehr.  Mein Leben hat sich etwa im gleichen Zeitraum des Buches in der Bundesrepublik abgespielt.  Roehlers Vater und Mutter könnten zu meinen älteren Geschwistern gehören. Ich hatte Eltern im Alter von Roehlers Großeltern habe Nichten und Neffen etwa in seinem Alter.  Ich bin nicht aus Franken, mein Vater war kein Nazi, ich bin selbst nicht so tief wie Roehlers Vater in die 68er Scene eingetaucht und meine Kinder sind zwanzig Jahre jünger als Oskar, aber es sind so viele Dinge die ich „kenne“ .

 

Ich war der Meinung, dass es bei beiden Werken schwer sein würde, sie zu verfilmen. Man hat es trotzdem gewagt. 

Die Verfilmung des „Turm“  für das Fernsehen habe ich gesehen und fand sie misslungen. Umso überraschter war ich, dass Uwe Telkamp so einverstanden war.  Offenbar hat man sich, um den Film mundgerecht (zwei Folgen) zu machen, auf eine Person (den Vater Richard) konzentriert, eine zweite (Sohn Christian) eine tragende Nebenrolle spielen lassen , die dritte Hauptfigur im Roman (Onkel Meno ) auf eine kleine Nebenrolle reduziert und das übrige große Feld der Personen im Roman stark dezimiert. Die schillernden Dimensionen der Persönlichkeit von Vater Richard werden auf ein-zwei  reduziert, und die suchende unsichere aber instinktiv gute Person des Sohns Christian   in der Pubertät und Reifephase wird nur bruchstückhaft und mir scheint nur beinahe erfasst.  Vor allem fehlt mir im Film die Figur des Menno, und ich habe Probleme, das Arschlochhafte des Vaters Richard mit seinen guten Seiten in Einklang zu bringen. 

 Habe kürzlich auch die Verfilmung der „Herkunft“  gesehen, von Roehler selbst inszeniert. Auch den Film finde ich nicht gelungen. Auch hier wird durch den Zwang zu den „nur“ 100 Minuten vieles weggelassen, was für mich wichtig war. Was ist das was so wichtig war?

 Mich hat bei der Lektüre die Diskrepanz zwischen „richtigem Denken“ und „falschem Leben“ bzw. umgekehrt „richtigem Leben“ und „ falschem  Denken“  umgehauen.

 Oskars Großeltern, der Ex-Nazi und seine leidende Frau, und die „einfache“ Mutter seiner Kindheitsfreundin bieten dem Kind Oskar ein emotionales Zuhause, während seine leiblichen Eltern intellektuelle gesellschaftskritische Koryphäen sind, aber in der Beziehung zu Oskar völlige Versager.

 Das irritiert schmerzlich die eigene Neigung, politisch Andersdenkende auch für moralisch minderwertig einzustufen, und politische und gesellschaftskritische Sympathien auch auf persönliche Sympathien auszudehnen. Man weiß  das ja eigentlich längst,  dass es so nicht recht ist, aber die Einsicht trifft  bei Roehler mit voller Wucht, jedenfalls mich..

 Das Dramatische in Roehlers Buch entsteht für mich darin wie beide Eltern von Sympathieträgern zu Versagern im Verhältnis – von Erziehung kann nicht die Rede sein -zum Sohn werden. Seine Mutter, für die ich zuerst große Sympathie empfinde, wendet sich aufgrund der vermutlich richtige Analyse der Persönlichkeiten von ihren Eltern gnadenlos ab, um dann ein Boheme-Leben anzufangen, was sie dann nicht bereit ist, für ihr eigenes Kind wieder aufzugeben oder auch nur einzuschränken. Der Gegenpol ist der Vater -  der vermutlich gar nicht der leibliche Vater ist. Auch er ist zunächst  Sympathieträger wie er sich aus dem Familienbetrieb herausarbeitet und sich pflichtbewusst des kleinen Oskars annimmt, auch als ihm klar wird, dass die Mutter ihn ihm untergeschoben hat. Dann aber kommt er nicht mehr klar in dem Spannungsverhältnis zwischen eigener intellektueller Karriere und  Job, Ansehen in der Peergroup und seiner Beziehung zur literarisch erfolgreichen Mutter und seinen Gefühlen und Sexualität, und vernachlässigt das Kind.   Das bringt den kleinen Oskar  wieder zurück zu seinen kleinbürgerlichen Großeltern (die auch nicht seine leiblichen sind) und zu der kleinbürgerlichen Nachbarin. Glaubhaft und lebensnah geschildert ist dann auch die Entwicklung in der Jugend: Wie Oskar selbst und seine Kindheitsfreundin trotz aller Fehler und  Dummheiten auf dem Weg  zu bemerkenswerten Persönlichkeiten  heranwachsen. So ist es auch ein zeitgemäßer Entwicklungs-“Roman“,   nur ist es keine erfundene Geschichte.

 Der nachhaltige Effekt des Buches ist, dass die Frage in den Raum gestellt wird, was eigentlich wichtig ist im Leben. Auf die Spitze getrieben: was nutzt gesellschaftspolitisches Engagement und Selbstverwirklichung, wenn man schon bei den eigenen Kindern versagt? Haben Tugenden wie Liebe und Treue, und- für- die- Kinder- Dasein mehr wert als die konsequente Durchsetzung von  Ideen,  die aus der intellektuellen Analyse kommen?

China so fern und doch so nah

China's Energy Policy between Market and Plan
Unpublished Working Paper 2006
Chinas Energy Policy 0605.pdf
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USA so nah und doch so fern

Als Nord-Europäer und ethnischer Altsachse wie ich glaubt man gern, dass man sich in USA in vertrauter Gesellschaft befindet. Das scheint mir ein Irrtum.  Schon bei früheren Aufenthalten war mir einiges fremd. Jetzt bei dem langen Aufenthalt versuche ich die Unterschiede zu verstehen. Gerade ist mir wieder die Essaysammlung "L'Amerique"  von Jean Baudrillard  in die Hände gefallen.   Ich senke mein Haupt in Demut, lösche das Folgende aber nicht.


Da machen auch die groessten USA Freunde aus Deutschland ueberraschende Erfahrungen in bezug auf den Gebrauch von Freiheit und Verantwortung, wenn sie einmal in USA leben. Der Neo-Con Clemens Wergin schafft es dann aber doch noch,  der Sache einen Namen zu geben, dass er es den Liberalen in die Schuhe schieben kann! http://m.welt.de/politik/ausland/article136921336/Die-hysterische-Kultur-des-Nanny-Staats-USA.html


Meine Freiheit und Deine Verantwortung .. und Haftpflicht (September 2014 , siehe auch März 2013 )

Für den externen Beobachter scheint es in der US Gesellschaft ein paar schwer erklärliche Paradoxien zu geben. Eine davon ist, dass in diesem Land, wo nahezu jeder so sehr auf seine Freiheit pocht, viele Menschen rasch mit dem Versuch bei der Hand sind, andere dafür verantwortlich zu machen, dass ihnen Nachteile entstehen, die sie bei um- oder vorsichtigem Handeln selbst haetten vermeiden können. Gern wird auch versucht, Institutionen des Staates  haftbar zu machen, wo man doch die Einmischung des  Staates zunehmend ablehnt.  

 Das führt zu den bekannt lächerlichen Hinweisen in Gebrauchsanweisungen  (wie diejenige, dass man im  Mikrowellengerät  keine Katzen trocknen soll)  und zu einer Fülle unterschiedlichen Regeln zu allen möglichen Situationen in denmStraßenverkehrsordnungen der Bundesstaaten wie z.B. die, in welchem Abstand man hinter einem Radfahrer fahren darf. Wenn man einmal eine theoretische Fahrprüfung machen muss, wundert man sich über die Fragen zu Situationen, in denen man sich mit gesundem Menschenverstand an sich richtig verhält.

Viele solcher Regeln bevormunden im Grunde genommen den verantwortungsbewussten Bürger. der an sich wissen kann, was zum Alltagsrisiko in einer modernen Gesellschaft gehört. Manchmal hat man den Eindruck, dass diese Regeln die Flexibilität ausschließen, die man benötigt,  um kleiner Probleme z.B. im Straßenverkehr  einvernehmlich zu lösen, z.B. indem man bei einem Stau auch einmal abbiegt, wo man eigentlich nicht soll, oder ein weniog näher an den Fußgängerweg heranfährt, um dadurch den Weg für zig andere frei zu machen  

Eine Erklärung liegt in der Konformität, der Scheu vor Abweichungen, die  wir immer wieder zu beobachten glauben. Eine andere, vielleicht stärkere liegt in der übermäßigen Bedeutung der Haftpflicht, die hier von den Anwälten aufs Äußerste getrieben wird, sodass sich Firmen ,Krankenhäuser aber eben auch die öffentlichen Einrichtungen wie Colleges und Schulen und die Gebietskörperschaften zu schützen versuchen, was nicht nur (jedenfalls in unseren Augen) absurd ist , sondern auch teuer. Nicht zufällig verschlingt das Gesundheitssystem in USA trotz partiell schlechter oder gar keiner Leistung einen weit höheren Anteil am BSP als in anderen Industrieländern.

 Ich könnte aus den vier Jahren hier viele Beispiele anführen. Am schönsten finde ich noch immer das schon im März 2013 erwähnte Beispiel, wo eMaein Abgeordneter , der andauernd von Freiheit redet, die Kongresskantine auf hohen Schadensersatz verklagt, weil er beim Essen auf ein Steinchen gebissen hat und einen Zahn reparieren lassen musste, übrigens hatte die Klage Erfolg! Er bekam ca. 100Tausend USD zugesprochen.

 

 

Oberfläche und überdeckte Ängste I  (August 2014)


„Oberflächlich!“  ist noch ein weniger schlimmes Urteil, mit dem viele Deutschen und andere Europäer rasche bei der Hand sein, wenn wir über „die Amerikaner“ reden. Schlimmere Bezeichnungen sind “fake  und “plastic people 

 Dieses Urteil kommt oft schon zustande wegen der Begrüßungsformen, die wir als unecht empfinden, wenn wir das „How are you  wörtlich nehmen und dann  feststellen, dass der Gegenüber nicht wirklich daran interessiert ist, wie es uns geht.  Wir sehen unser Urteil bestätigt in der „fake  Architektur der Einkaufszentren, und verfestigt, wenn wir einmal mitbekommen, wie ein hochwertiges Anwesen  entsteht, bei der zunächst eine Lattenkonstruktion „ein Pappkarton, wie ein Bau-Ingenieur-Kollege sagt“  errichtet wird, die dann nach  Wahl als französisches Chatelet, als Tudor Mansion, als neoklassisches Kolonial-Herrenhaus oder sonst wie verkleidet wird, bloß nicht als zeitgemäßer Bau.

 Beim zweiten Nachdenken gestehen wir uns ein, dass die US-Amerikaner nicht oberflächlich sind und dass wir mit unseren europäischen Maßstäben und Kriterien den Amis gegenüber genauso vorsichtig sein sollten wie wir es gegenüber den offensichtlich andersartigen Chinesen sind.

 Umso interessanter ist es doch  einmal der Frage nachzugehen, warum die Amis das so machen.  Was sind die sozialpsychologischen Hintergründe?  Bevor ich in die Literatur eintauche und suche, will ich einmal meine erste These aufstellen.

 Ich glaube, dass es eine Art „political corectness , die dem Umgangs-Kodex bestimmt, eine zur-Schau-getragenen Jovialität, die dem Gegenüber Gleichheit signalisiert ist. Ich vermute dass es eine Angst gibt, dass man bei der Offenbarung  wahrer Gefühle den Gegenüber verletzen oder Herabsetzen könnte, was wiederum rasch zu Konflikten führen würde.

 Anders als in Europa,  wo man an einem Ort eine lange gemeinsame Erfahrung hat, zumeist unter Bekannten lebt und sich daher eher verhält und das unbewusst auch zeigt,, wie man sich gerade fühlt,  sind sich die Amerikaner gegenseitig im Prinzip fremd,  besonders im öffentlichen Raum.

 

War on.... (laufend)

War on poverty" war in den 1960ern noch eine guter Slogan mit der Kriegs-Metapher,  um während des Vietnam- Kriegs auf die heimischen Probleme aufmerksam zu machen.

Die folgenden "War on terror" , War on drugs" stiessen noch nicht so auf.

Mittlerweile nutzt die jeweils andere politische Seite die Methapher um eine Politik anzuschwaerzen: zu diskreditieren:

"War on coal"   versuchen Republikaner Obama anzuhängen,

"War on Women"   die Demokraten den Republikanern.

Es gibt schon einige culture wars; besonders schlimm ist offenbar "War on Chrismas"

Banalisierung schreitet fort:  "War on motorists",  "War on cars" , "War on graffit" , "War on errors"  (to be continued)

Immer neue Kriege  werden gefunden! Dass ihnen das nicht zum Hals raus hängt!

 

Matt Taibbis  neues Buch: „Divide“  (Mai 2014)

 Meine aktuelle Lektüre ist der neue Taibbi "Divide".  T. untermauert darin sehr eindrucksvoll die Vorwürfe, die er schon länger macht,  berichtet neue Fälle und stellt vor allem das US Justiz-und Polizeisystem an den Pranger. Dabei kommen auch die Demokraten wieder nicht gut weg.

 T. zeigt wie der jetzige Justizminister Holder schon unter Clinton als hoher Beamter im selben Department of Justice  die Weichen dafür gestellt hat, dass bei Verfahren gegen große Firmen (damals nach Enron und dem  Arthur Anderson Debakel der Staatsanwaltschaft) die wirtschaftlichen Wirkungen (collateral consequences) zu beachten sind. T. zieht eine direkte Verbindung zu den Verfahren der letzten Jahre gegen die Großbanken, die zwar hohe Geldstrafen zahlen mussten aber kein Schuldgeständnis einräumen brauchten, und gegen deren Chefs, von denen niemand strafrechtlich verfolgt wurde.  Er zeigt im Einzelnen, dass Von einer Gruppe von sehr prominenten Hedgefonds, die mit Mafiamethoden eine kanadische Versicherung über Jahre hin  in den Bankrott treiben wollte (worauf sie gewettet hatten) wurde nur der kleinste Player mit einer unverhältnismäßig kleinen Geldstrafe belegt.   

T.  kontrastiert das mit dem Aufwand der zur Verfolgung von kleineren Straftaten am anderen Ende der Einkommen- Skala  getrieben wird, mit  stop and frisk in NY (das oft Unschuldige trifft), mit den Deportationen von nicht-dokumentierten Einwanderern, den Hausdurchsuchungen bei Antragstellern auf Sozialhilfe etc.  

Buchbesprechungen von NYT und WAPO fallen  diesmal fuer Taibbi recht gut aus. http://www.washingtonpost.com/opinions/the-divide-american-injustice-in-the-age-of-the-wealth-gap-by-matt-taibbi/2014/04/11/66a1e7c8-b291-11e3-8cb6-284052554d74_story.html

und http://www.nytimes.com/2014/04/13/books/review/the-divide-by-matt-taibbi.html

Das wirft ein sehr schlechtes Bild auf Obamas Amerika.  Die  wachsende Kritik, die auch von der Senatorin Warren geteilt wird,  zeigt offenbar Wirkung. Holder hat vor wenigen Tagen sich bemüßigt gefühlt, eine scharfe Verfolgung der Großbanken etc. anzukündigen, keiner sei "too big to fail".

 

Wenn Du sonntags über Land fährst…

in Mid-Arlantik und durch ein Dorf kommst,  erwarte nicht,  dass Du jemanden auf der Straße siehst.  Stille!  Keine Menschenseele draußen.  Häuser verstreut unter Bäumen oder in Lichtungen, an jedem noch so kleinen ein paar Autos geparkt, davon mindestens ein Van oder Pickup.   Was machen die alle da drin?  Family Get-together? Ballgame schauen?  Oder sind die gar nicht da? Haben die noch mehr Autos?

Bessere Anwesen ein wenig arrangiert in der Landschaft, gern ein paar Tausend Quadratmeter Grün drum rum. Das Grün ist gestutzt. Der Rasentraktor steht noch da. Kein Blumen- , kein Gemüsegarten, keine Obstbaume , nur ein paar Sträucher direkt am Haus.  Kein Bedarf?  Zu viele Schädlinge?  Würden Kaninchen, Waschbären und anderes Wild das abfressen?  Farm-Häuser noch ein wenig  großzügiger in der Landschaft postiert, weiter weg von der Straße, nur manche  sichtbar,   ein - natürlich weißer gleichförmiger  - Zaun um die Weiden drum herum und eine Auffahrt, ein klassizistischer Portikus.  Immer wieder Kirchen, jeder Richtung die ihre,  aber nicht im Dorf-Zentrum,  nach den Autos zu urteilen gut besucht. Wo ist das überhaupt, das Zentrum? Bei der Feuerwehr? Hat für Donnerstag wieder Bingo annonciert. Wer organsiert hier das Sozialleben?  Die Schule,   Primary, Middle oder High, ein moderner Komplex im Grünen draußen, mit der Armada der gelben Busse im  Hof und den Sportanlagen,  heute verwaist. Seit unsere Kinder in amerikanischen Schulen waren, wissen wir:  hier spielt sich das Leben unter der Woche ab, statt im Verein wird der Sport, die Musik und andere Musen in den Schulen organisiert.  Eine Erinnerung in Dankbarkeit. Unsere Kinder haben es zeitweise genossen!

Aber ein wenig mehr Leben könnte sonntags schon sein. Oder findet das woanders statt? In den shopping malls am nächsten Städtchen?


Kommst Du in ein Städtchen, (2013)

 darfst Du erst einmal, so weit das Auge reicht, die Hazienda- oder klassizistische oder was-auch-immer Kulissen-Architektur der Einkaufzentren und modernistische Schuppen der Autohändler und die Kästen der Low Budget Hotels bewundern, manchmal in einem Meer von "ruhendem Verkehr", manchmal mit gähnend leeren Parkplätzen. Du hast Zeit dafür, da der Highway-Fluss hier immer wieder von Ampeln unterbrochen ist. Offensichtlich haben diese Zentren mindestens so viel Priorität wie der Durchgangsverkehr.

 Wenn Du dann dem Schild „Historic Center“ folgst, kommst Du in einen Stadtkern von ein paar Längs-und Querstraßen, um main street, first street, kings street. Klassizistische Gerichtsgebäude, Town-Hall, mehrere Kirchen,  manchmal auch Colleges, Geschäfts-Gebäude, an denen gestalterische Mühe nur an der Fassade verwendet wurde, klassizistische Mansions und Wohn-Häuschen im Kolonialstil,  im Osten manche 150 oder 200 Jahre alt. Bankfilialen mit drive through, sind immer klassizistisch, im Städtchen manchmal echt. antique curio shops, Restaurants, lokale Spezialitäten Coffeshops, Art und moderne Möbel Läden wenn es kulturell hochkommt oder  Billig- Shops wenn nicht, bilden das kommerzielle Rückgrat und Besucher beleben das Bild,  mal mehr mal weniger.  Manche Städtchen werden US-touristisch (ein battlefield in der Nähe?), manche,  z. B. in Maryland,  von Wiederbelebungsprogrammen,  manche z.B. Leesburg in VA auch organisch von den Umlandbewohnern wieder belebt, manche sind und bleiben öde. 

 In den 4 Jahren habe ich zwischen Upstate New York und  South Carolina bis Tennessee und West Virginia  diese Kleinstadtlandschaft gesehen, die von  Shopping Center Landschaften geprägt sind überall gleich. CVS und Wallgreens gibt’s an jeder Ecke, bis in die Ortszentren. Das einzige was sich darin über Tausende von Kilometern ändert, sind die Anteile der Ketten, ob es 10 McDonalds oder nur 2 gibt, dafür aber mehr Wendy’s. Da wundert man sich schon wenn regional ein neuer Name auftaucht, wie Bojangles im Südosten.

 

Walgreens  (July 2013)

 My wife, severely handicapped in mobility from a stroke wanted to buy a couple of things in this Walgreens store (on 3524 Connecticut Ave, Washington DC)  she knows. We drove to the rear parking lot and parked the car on a handicapped parking space, which is specified by a plate on the wall with the blue sign and no text (whereas all other have a long Walgreens text). My wife is Italian national; I am German on long term mission to an international organization in the US. We do not have a "handicapped” slip in the car. I cannot get it because my wife does not get a social security number, since she is here on a G4 visa without work permit. A  SSN is  required to apply for a "handicapped" slip.

Since this parking lot looked like a private parking and the Walgreens staff could see that my wife is handicapped,  and since we left the wheelchair visible in the car,  I had no doubts that we could leave the car there. My wife used the walker for shopping; we paid approximately 100 USD and left at approximately 2:45pm.

 Only when we were already parking at another shop I noticed the ticket about 250 USD, established at 2:21 pm by a Municipal Police Department Officer.  We drove back to the store. I went in to ask for help.

 Staff 1 at the register remembered us and offered to give his phone number for an eventual testifying. I thanked him and asked for a written note which I wanted to use for support when I contest the ticket.  He then asked staff 2 to call the manager. The manger came in from outside and told me that I was in the wrong, not entitled to park on the place without a slip and refused to give me a note. I became upset and insisted. He then mumbled something and went to the staff offices. I waited a few minutes in vain outside the office and in the parking lot, where my wife was waiting in the car.

 Then staff 2 came out and we looked at the situation: car, wheelchair etc.  And he started explaining the same thing the manager had said, who obviously had told staff 2 to get rid of me. I did not accept, asked for a note and we went back into the store to see the manager.

The manager was behind the register and flatly denied to provide any documentation. I asked him whether this was the way to deal with customers who suffer unjust and unfair treatment. He did not change his mind.

 I went back to the car, fetched the merchandise, returned it to the manager and had him return the money to me, which was a lengthy procedure.

 

 

Freiheit und Verantwortung  (März 2013)

 Lange Zeit habe ich im Kopf daran geknabbert, was an den folgen Beobachtungen In USA für mich nicht zusammenpasst:

-       man kann mit 16 Jahren den Führerschein machen und darf Auto fahren, dessen praktischer Teil extrem leicht ist;

-       man kann erst mit 18 Jahren  ein Bier kaufen.  Selbst ich muss noch mit 64 Jahren manchmal an der Supermarktkasse meinen Ausweis zeigen, wenn ich eine Flasche Wein bezahlen will,

-       man kann nach einem relativ leichten Hintergrundcheck einen Waffenschein und damit auch automatische Schnellfeuerwaffen erwerben, wovon viele US Amerikaner Gebrauch machen,

-       Ees gibt sehr viele erfolgreiche Haftungsklagen, nicht nur erfolgreich gegen Autofirmen, da Gas -  und Bremspedal zu nah zusammensitzen und ungewollte Beschleunigung zu leicht passiert. es gibt auch erfolgreiche Klagen (über einen sechsstelligen Betrag) von  Erwachsenen (Abgeordneten), gegen die Kantine, da ein kleines Steinchen im Salat war, mit dem ein Zahn beschädigt werden könnte.

 Wieso traut man junge Menschen zu, mit einem Auto umzugehen, von dem eine  Gefahr ausgeht, aber nicht, ein  Bier zu vertragen?

Wieso erlaubt fast allen Erwachsenen, mit sehr gefährlichen Waffen umgehen zu können, wenn man ihnen zubilligt, dass sie ein Steinchen im Salat nicht erkennen und nicht vermeiden können, dass ihre Zähne Schaden nehmen?

 Die Antworten liegen vermutlich nicht im Wind, sondern in wirtschaftlichen  und politischen Interessen.

 

Kapitalismus, Mittelstand, Kleinunternehmer, Facharbeiter, Berufsbildung (Februar 2013)

Während des Präsidentschaftswahlkampfes in USA im Jahre 2012 brachte der Kandidat Romney den Aufbau und den Erfolg der Büromaterial-Handelsfirma Staples als Beispiel, wie erfolgreich er darin war, Jobs zu schaffen. Diese Firma hat das Geschäftsmodell Superstore auf den Bürobedarf angewendet, und damit sowohl die herkömmlichen Schreibwarenhandlungen mit den Büro- Großhandel kombiniert und die Mom&Pop Shops  weitgehend ersetzt. Ich will hier nicht der Frage nachgehen, ob im Fall Staples mehr und höher qualifizierte besser bezahlte Arbeitsplätze geschaffen als in den herkömmlichen oft von Selbständigen betriebenen Läden und Handelbetrieben vernichtet wurden. Es geht mir nur um das anschauliche Beispiel.

 Das gleiche Muster der Verdrängung selbstständiger Betriebe durch größere Filialketten haben wir ja gesehen bei Lebensmitteln, Baumaterial, Drogerien, Cafés und vor allem Schnellrestaurants etc. In den Vereinigten Staaten ist diese Entwicklung soweit fortgeschritten, dass auch bei den klassischen selbstständigen Betrieben wie Apotheken und Restaurants weit überwiegend Filialketten dominieren.  In den Shoppingcenter-Gürteln jeder Kleinstadt in USA von Nord nach Süd, Ost, Mittel, West gibt es gleich mehrere CVS und Walgreens und jede Menge fast-food Anbieter-Ketten. Eigenständige Restaurants findet man allenfalls noch in den halbverlassenen Ortszentren, manchmal bei Farmen und man muss sie mit dem GPS suchen.

  Diese Ketten haben vollkommen standardisierte Aufbau und Ablauforganisationen, bis hin zu der Standardisierung des Verhaltens und der Kommunikation der Angestellten. Sie passen in ein System niedriger Qualifikation, da sie weniger Ansprüche daran stellen, und damit auch niedriger Entlohnung.

 Das Design dieser Organisation wird als Teil des Geschäftsmodells von Betriebswirten,  hochqualifizierten MBA -Absolventen, entwickelt und das Kapital dazu von Privatkapital, Fonds, Kapitalsammelstellen etc. Bereitgestellt, die auch über den Board (mehr als ein Aufsichtsrat) das Sagen haben (sic Kapitalismus).

 Das ist ein anderes Entstehungsmuster als das europäische und insbesondere die deutsche und auch italienische, wo sich mittelständische Unternehmen aufgrund besonderer fachlichen Fähigkeiten und Qualitäten ihrer Gründer und Nachfolger und besonders auch der Fachkräfte entwickelt haben.

 Kapitalverfügbarkeit, Standardisierung und Verfügbarkeit niedrig (oder anders)  qualifizierter Arbeitskraft sind Merkmale der USA. Sie passen aber auch in die EL,  auch deshalb weil „gute, saubere“ Arbeitsplatze dort gesucht und Löhne generell niedrig sind, und es mittlerweile auch dort eine Klasse von Kapitalisten gibt.

Das Business-Modell Kette war mir auch schon in Ecuador, China und Ägypten zunehmend aufgefallen, auch in Verbindung mit den Shoppingcentren, die ja auch dort von Investoren errichtet sind, und als Begegnungszentrum die herkömmlichen Plätze abgelöst haben. In Lateinamerika und in Arabien sind diese Zentren und auch  Filialketten nach meiner Recherche von Abkömmlingen reicher Familien aufgebaut, die häufig in USA  Business studiert hatten.

 Damit kommt natürlich auch die Frage hoch, ob und wie die deutsche EZ mit ihren  Berufsbildungsvorstellungen überhaupt noch passen und  noch eine Chance hat. (Ich bin da nur Beobachter und habe keinen Überblicke über die Vielfalt der Berufsbildungskonzepte in der EZ, frage mich aber spätestens seit meinem Chinaeinsatz, wo ich viel mehr Kontakt zu den Bemühungen auch mit den deutschen Investoren hatte:  Jagen wir einem Muster Modell  nach, dass es bald immer weniger gibt?)

Aufgrund meiner Beobachtungen in Lateinamerika, China, Arabien und auch zunehmend in Europa (auch angesichts des rasch wachsenden Niedriglohnsektors in Deutschland),  frage ich mich sogar, ob eigentlich unsere europäische und insbesondere deutsche Vorstellung von Qualität und Qualifikation, von selbstständiger und selbstbestimmter Arbeit (sogar als Angestellter) eigentlich noch zukunftsfähig ist.

 Wohin geht diese Reise? Werden die Möglichkeiten dazu nicht zunehmend von den standardisierten Abläufen eingeengt und herauskonkurriert? Oder wird andersherum eine immer bessere Qualität und Qualifizierung erforderlich.

 Ist für Qualität eigentlich höhere Qualifizierung erforderlich?

 Wenn ich sehe, wie in USA Häuser gebaut werden oder renoviert werden, möchte man das meinen. Die nach Außen schön auf eine oder andere Art historisiert (Geschmackssache) dekorierten Gebäude sind zumeist von baulicher Einfach-Qualität (Lattenkonstruktion und daher nicht sehr widerstandsfähig, energetisch schlecht, aber entsprechen den Mindestanforderungen - also auch hier ein  enges ökonomisches Kalkül.  Sie werden gebaut nach Muster mit gewissen Variationen. Die Bauarbeiter sind zum weit überwiegenden Teil angelernte Latinos,  jedenfalls in der DC Gegend. Wären die Haeuser besser wenn die Bauarbeiter besser qualifiziert sind, oder würden die Firmen das mit besseren Qualität Standards erreichen, ohne mehr Facharbeiter bzw. bessere Qualifikation der Bauarbeiter zu benötigen?

 Ich nehme an, dass die Baufirmen sich schnell auf die neuen Standards einstellen werden, wenn es Obama gelingt seine Energieeffizienzoffensive umzusetzen. Ob dafür mehr Qualifikation erforderlich sein wird?

 Was wird geschehen, wenn das Immigrationsrecht reformiert wird, und mehrere Millionen Dokumentierte Ausländer aus den Grauzonen heraustreten können? Nach der Idee der Republikaner sollen die Wachstum schaffen, da sie dann auch unternehmerisch tätig werden können. Braucht die berufliche Bildung? Wo bekommen sie die?   

 


The Examiner Washington und die Schwachpunkte der Demokraten (Januar 2013)

 Jeden Morgen lese ich in der Metro auf dem Weg zum Büro den  “The Examiner Washington“, ein 40 Seiten starkes Umsonst-Blatt mit einem erstaunlich breiten redaktionellen Teil aus lokalen nationalen und - wenigen - internationalen Nachrichten, Informationen, Klatsch und Kommentare  in der Bandbreite einer Tageszeitung für Washington und Einzugsgebiet.  „The Examiner“  gehört dem Milliardär Philip  Anschutz, eine der Top 50 der reichsten Personen der USA, der mit seinem Einkommen und Vermögen weitere Medien und Institute finanziert.

Ich nehme das Blatt wegen der Kolumnen mit,  um die neuesten Argumente der konservativen Rechten in USA kennenzulernen. Zum Ausgleich nehme ich auch den „express“, das Umsonstblatt der Washington Post, das hingegen gar keine Kommentare, dafür spaßig gefasste  Kurznachrichten, meistens zu den Promis.

 Zum Überfliegen reichen die 15 bis  20 Minuten Metro. Im „Examiner“ suche ich die  Kommentare und editorials, die seinen  Kampfblatt-Charakter ausmachen, und die durchweg von mehr oder weniger bekannten Kolumnisten aus der rechten Scene geschrieben sind, mit Bild, was den Charme deutlich steigert.  Da finden sich als Gastkommentatoren die Spartenspezialisten. Meine Lieblinge:

·         - Ron Arnold,   ein  freundlicher aussehender alter Herr mit weißem Bart im Rollkragenpullover, Typ alt-grüner Oberstudienrat, der regelmäßig die Umwelt Behörde EPA und die NRO (Big Green)  scharf kritisiert, meist anhand eines konkreten Falls, in dem die Behörde nach seiner Darstellung in absurder Weise Unternehmer daran hindert Wachstum und Jobs zu schaffen, eine NRO krumme Land Geschäfte macht, oder so was.

--·      - Gregory Kane, ein ebenso freundlich aussehender schwarzer älterer Herr, auch er ein Lehrertyp, der regelmäßig darlegt, wie Schwarze durch die übertriebene Fürsorge des Staates (Big Government) dazu gebracht werden, sich nicht weiter zu entwickeln, und wie einige Schwarze heroisch auf Wohltaten verzichten.

 ·         - Diana Furchtgott Roth, eine ebenso freundlich aussehende gepflegte Dame,  Ex-Chief Economist aus (W.) Bushs Arbeitsministerium, jetzt im Dienst eines Lobby Think Tank,  die mit einer altbackenen Schlichtexpertise gegen Obamas zaghafte Ansätze in der Verkehrs-, Energie- und Klimapolitik argumentiert und behauptet, dass fast-speed-trains, oder Energieeffizenz, oder Erneuerbare Energien und anderes, was in Europa oder China schon funktioniert, in USA  aus verschiedenen Gründen nicht gehen.

Natürlich gibt es auch die Kolumnisten gegen Big Labor, hämische Kommentare wenn ein Streik gegen Wallmart misslingt, jubelnde Kommentare wenn sich  „right  to work“  Gouverneure gegen Gewerkschaften durchsetzen, etc.  Die Krankenversicherungsreform  „Obamacare“  war bis zu den Wahlen eines der Lieblingsthemen im Zusammenhang auch mit dem Budgetdefizit. Hingegen wurde das Militär und sein Etat nicht aufs Korn genommen.  Die Schwergewichte der Kommentare sind das Editorial und die Kolumnen der leitenden Redakteure – durchweg auch Bestsellerautoren. Sie zeichnen sich durch besondere Schärfe (York, Barone) bis hin zu offensichtlicher Feindschaft (Freddoso)   gegen Obama aus.  Gelegentlich hinterlistig ist die neue tägliche 2. Seite von Paul Bedard: Washington Secrets, wenn er unter diesem Titel Vermutungen über Obama und Demokraten streut. Primitiv und ohne tieferen Witz die Karikaturen raffiniert hingegen Grafiken, geliefert von der Heritage Foundation, die das Versagen der Obama Administration zeigen sollen, z.B. die Armutsstatistik seit 2009, nicht aber die lange Zeitreihe seit der Reagan Administration.  Früher tauchten auch noch manchmal Schreiber vom Kaliber Glen Beck auf, wie z.B. Michelle Malkin,  die wir Leser aber im Wahlkampfjahr vermissen mussten, vermutlich weil ihre Kolumnen immer wieder in verstiegenen Tiraden ausarteten, und sie ähnlich wie Beck und Limbaugh bei Fox News nicht mehr „vermittelbar“ war.

 Es gibt allerdings auch ein paar Kolumnisten, die  ich in der Sache interessant genug finde,  um mich ernsthaft mit den Argumenten auseinanderzusetzen. Da sind ein paar Gast-Kolumnisten vom Cato Institut und vom American Enterprise Institut AEI und andere wie der Radio- Host Hugh Hewitt, die sich auch mit Republikanern kritisch auseinandersetzen.

Und da ist der für mich interessanteste Tim P. Carney. Dessen Thema ist Big Enterprise die „revolving door‘ zwischen Politik und Lobby, die Vorteilen,  die sich Big Enterprise in der Politik auch durch Lobbyismus sichert, u.a.m.  Das ist ein Thema,  bei dem die Demokraten in DC  genauso angreifbar sind wie die Republikaner.  Carney greift natürlich hauptsächlich Demokraten an, am liebsten Leute aus der nächsten Nähe von Obama, wie kürzlich den künftigen Finanzminister Lew. Manche Artikel aber sind einfach schonungslos informativ über die Gebräuche und Zusammenhänge, und über Strecken auch so neutral und allgemein systemkritisch, dass man sich wundert, warum er von den Anschutzs (und bei gelegenheit auch von den Koch-Brüdern)  bezahlt wird, die ja massiv Lobby machen.   Manchmal  erkennt man am Ende eines Artikels ein ziemlich abruptes Beidrehen zur Linientreue des Blattes und einen unvermittelten Angriff auf Demokraten oder Obama. Das sieht dann wie eine Verneigung vor dem Geldgeber aus.

Carney wie auch andere konservative Autoren sprechen auch Themen an, die den unteren Mittelstand betreffen und interessieren und damit einen anderen wunden oder blinden Punkt der Demokraten.  Ich habe den Eindruck, dass die Demokraten für diese Schicht von Bürgern, die auch nicht zu den Privilegierten des Landes gehört,  keine Politik haben und ihre Vertretung den Republikanern überlässt. Deren Probleme werden mit einer rechten  Analyse und Ideologie eingefangen. Das Theoriemuster:  Benachteiligung durch die Eliten einerseits und die Bevorzugung der Unterschicht andererseits, die beide den Staat benutzen, an den diese Klein-Bürger die Steuern zahlen und ihn damit tragen. Die Eliten im „liberalen“ Big Government schränken angeblich oder wirklich Freiheit ein durch  Big Green, Big Labor, Big Enterprise, Big Health Care, Waffenkontrolle etc. Das ist der Nährboden und die Ideologie der Teaparty, der auch durch die Vernachlässigung dieser Klientel seitens Demokraten so stark geworden ist. Dass diese Ideologie dann ausgerechnet von den reichsten Unternehmers des Landes geschürt wird, die natürlich auch gegen die Beschränkungen und Belastungen durch Umweltschutz, Arbeitsrecht, Sozialrecht sind, ist versaendlich. Dass deren Business Modelle aber auch den Niedergang des unteren Mittelstands vertieft, geht den Parteigängern nicht auf.

 Im Wahlkampf 2012 hat  "Examiner“  aus allen Rohren gegen Obama und die Demokratischen Kandidaten in DC, Maryland und Virginia geschossen. Interessant zu sehen wie  er jetzt nach den Wahlen positioniert wird. Bringt man das Blatt fuer die Zwischenwahlen 2014 in Stellung? Welchen Republikanischen Kandidaten baut man fuer 2016 auf? Oder entzieht der Finanzier dem Blatt vielleicht sogar das Geld, da die Strategie 2012 offenbar nicht erfolgreich war?  Gerade im Einzugsgebiet des Blattes in Nord Virginia hat Romney den Swing State Virginia verloren!

 Nachtrag (September 2013): Strategiewechsel: The Examiner erscheint seit Sommer 2013 nur noch als Umsonst-Wochenzeitung (Hochglanz), mit gleicher Mannschaft.

 

Freundliche Automaten (Dezember 2012)

 „Ich wollte eigentlich nicht mit einem Automaten verhandeln“  fuhr mir durch den Kopf, als wir bei der Wohnungssuche ein Apartmenthaus verließen, wo uns eine junge gut gekleidete und freundliche Dame bedient hatte, ganz offensichtlich genau nach Vorschrift, nicht nur des Ablaufs sondern auch noch dessen was sie sagte und anbot. Die von Unternehmen aufgestellten Ablauforganisationen und Verhaltensregeln in USA  sind offenbar nicht nur intern sehr weitreichend, auch der Kunde hat sich dem zu unterwerfen.

 Das fängt ja dabei an, wie man im Restaurant warten muss, "to be seated", wie man am Telefon erst mal von Call Centern oder Automaten bedient wird und erst nach langwierigen, mit vergeblichen Versuche behinderten Beharren einigermaßen seine Wünsche loswerden kann, wie man von „leasing agents“ (siehe oben) behandelt wird, und so weiter.  Zu meiner verblüffung  wird das  von den Kunden ohne weiteres hingenommen. Meine italienische Frau ignoriert diese Regeln systematisch und ruft Verunsicherung, mühsam unterdrückten Ärger bis zu Panik bei den Angestellten hervor.

Das andere was mich verwundert, ist dass die Angestellten selbst das mitmachen, und ihre Persönlichkeit gewissermaßen am Eingang und zu Dienstbeginn aufgeben.


“Wait to be seated” (2012)

 Dieser Satz, den man an fast jedem Restauranteingang findet, meist ohne “please” , ist für mich eine Schlüssel-Referenz für das Verständnis vieler Verhaltensweisen und Haltungen der Menschen hier geworden, die ich mir auffallen, vermutlich weil ich sie nicht ohne weiteres akzeptiere.  Was mich an dem Verhalten besonders wundert ist wie die Menschen hier Regeln hinnehmen und sich danach richten, die ihre eigenen Verhaltens- und Handlungs- Spielräume einschränken oder einer Aufsicht  bzw. Informationssystemen unterwerfen, obwohl sie bei näherem Hinsehen nicht immer von (demokratisch) legitimierten Organisationen geschaffen sind.

 

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